Am 31. März 2019 stehen im Baselbiet die nächsten Gesamterneuerungswahlen auf der Agenda der Stimmbürger. Auch der Landrat wird neu gewählt und im Herbst wird noch bestimmt, wer uns die nächsten vier Jahre in den beiden eidgenössischen Kammern vertritt.
Für eine allfällige Nachwahl in die Regierung ist der 19. Mai 2019 vorgesehen. Der Amtsantritt für die Regierungsräte und die Parlamentarier ist der 1. Juli 2019. Die Amtsdauer beträgt vier Jahre bis zum 30. Juni 2023. Wer sich für einen der 90 Sitze im Landrat interessiert darf seine Kandidatur bis zum 28. Januar 2019 um 17 Uhr einreichen. Das Auswahlverfahren der Kandidaten geschieht mehrheitlich über die politischen Parteien. Einzelpersonen können den Wahlkampf kaum selbst finanzieren. Zudem erzielen sie im Proporz-Wahlverfahren zu wenig Stimmen, um sich erfolgreich durchsetzen zu können. Bei der Wahl des Regierungsrates hingegen gilt das Majorzverfahren. Wer am meisten Kopfstimmen erzielt gewinnt.
Proporz und Majorz
Im Proporzwahlsystem entscheiden sich die Wähler grundsätzlich für eine Partei oder Liste und deren politisches Programm. Die entsprechende Partei bekommt aufgrund der für sie abgegebenen Stimmen den proportionalen Anteil der zur Verfügung stehenden Sitze im Landrat. Wenn einer Partei 5 Sitze zustehen sind deren Kandidaten mit den fünf besten Ergebnissen gewählt. Verzichtet jemand während seiner Amtsdauer auf seinen Sitz und tritt vom Amt zurück rückt automatisch die Nummer 6 nach. Es müssen also keine neuen Wahlen ausgeschrieben werden. Das besondere an unserem Wahlsystem sind die vorgedruckten Listen mit den Kandidaten. Diese können unverändert in die Wahlurne geworfen werden. Es ist aber auch möglich, den Titel der Liste (Parteinamen) zu ändern. Dann erhalten zwar die Kandidaten eine Stimme, die Parteistimmen hingegen gehen aber an die Konkurrenz. Personen auf der Liste können gestrichen und Namen anderer Listen eingefügt (panaschieren) werden. Gestrichene oder leere Zeilen haben ebenfalls ihre Bedeutung. Sie zählen als Stimme für die im Kopf aufgeführte Partei. Kandidaten dürfen maximal zwei Mal aufgeführt werden. Das nennt man «kumulieren». Dann gibt es noch die «Freie Liste». Dort sind nur die Anzahl Zeilen vorgedruckt, die mit beliebigen Namen gefüllt werden dürfen. Man schreibt seine Wunschkandidaten je ein bis zwei Mal auf und zusätzlich darf oben noch eine Partei aufgeführt werden.
Unsere Regierung wird im Majorzverfahren gewählt. Um die fünf Sitze werden sich voraussichtlich sechs Personen streiten. Auf dem Wahlzettel hat es 5 Zeilen. Der Wähler entscheidet also, wen er nach Liestal schicken will. Parteistimmen gibt es bei diesem Wahlverfahren keine. Man wählt direkt einen Kopf – eine Person. Auch bekannte Personen, die sich vorher noch nicht mit Politik beschäftigten, haben mit diesem System gute Wahlchancen.
Wahltaktik
Die Parteien gehen taktisch vor und schicken ihre besten Leute mit den grössten Wahlchancen ins Rennen. Die Taktik kann aber auch versagen. So verlor die SP bei den letzten Wahlen den Sitz ihres zurückgetretenen Regierungsrates Urs Wüthrich. Man trat mit einer Zweierkandidatur an, mit einem Mann und einer Frau. Sie nahmen sich in der Folge gegenseitig die Stimmen weg und das Resultat war eine betrübliche Niederlage. Im nächsten Jahr will man mit der Einzelkandidatur der Muttenzer Gemeinderätin Kathrin Schweizer wieder in die Regierung einziehen. Der Anspruch der SP als Partei mit dem zweitgrössten Wähleranteil (22 %, 21 Landratssitze) nach der SVP (26.7 / 28) wird nicht bestritten. Ob die Wahl gelingt und zu Lasten welcher Partei oder eines bisherigen Amtsinhabers wird sich nächstes Jahr zeigen. Die rechten Parteien schicken mit Thomas de Courten einen SVP-Mann ins Rennen, der den Sitz der zurücktretenden FDP-Regierungsrätin Sabine Pegoraro übernehmen soll.
Aktives und passives Wahlrecht
Als Schweizer Bürger haben wir ein aktives und ein passives Wahlrecht. Das passive Wahlrecht ist das Recht, sich für ein Amt vorzuschlagen und wählen zu lassen. Sie sind dann Mitglied der Regierung, des Landrates, eines Schulrates oder eines anderen Gremiums. Diese Möglichkeit kommt nur für eine Minderheit in Frage. Es braucht das entsprechende Interesse, Fähigkeiten und den Willen, sich auch in schwierigen Situationen zu behaupten.
Wichtiger und zeitlich weniger anspruchsvoll ist das aktive Wahlrecht. Es erlaubt uns, an der Urne Personen in ein Amt zu wählen (Regierung, Landrat, Richter etc.). Sie sollen dann unsere Meinungen und Anliegen vertreten. Meistens wird dieses Recht viel zu wenig wahrgenommen. «Es geht uns zu gut» oder «Die machen doch, was sie wollen» wird oft als Ausrede gebraucht.
Mitbestimmung des Volkes
Dass das Volk aber wirklich mitbestimmen und das Geschehen beeinflussen kann wurde schon oft bei eidgenössischen oder kantonalen Wahlen und Abstimmungen bewiesen. Sehr direkt ist die Demokratie noch in Gemeinden, die eine Gemeindeversammlung kennen. Nicht alle Entscheide werden dort an politisch zusammengesetzte Kommissionen delegiert. Jeder einzelne Bürger, politische Parteien oder lose Gruppierungen können sich für ihre Anliegen einsetzen und vor dem versammelten Volk reden. Dadurch ergeben sich kontroverse Diskussionen, die durch eine Abstimmung der Anwesenden beendet werden. Dass nur ein Bruchteil der Stimmbürger an diesen Versammlungen teilnehmen ist offensichtlich. Dies ist aber auch bei Urnenabstimmungen der Fall. Und in Kommissionen sitzen oft Leute, die «es für die Partei» tun oder «weil ein Sitz frei ist und man niemanden gefunden hat». Das ideale System gibt es nicht. Jede Lösung hat grosse Vor- und Nachteile.
Entscheidend ist aber, dass Sie am 23. September, unserem nächsten Abstimmungstermin, mitmachen. Informationsmöglichkeiten in den Medien und durch den Besuch von Podien gibt es genug.
Beat Eglin