Läckerli aus drei Jahrhunderten

    Jakob’s Basler Leckerly – Das Unternehmerpaar Charlotte und Andreas Kuster hat die älteste Biskuitfabrik der Schweiz vor drei Jahren aus dem Dornröschenschlaf erweckt. Dem Unternehmen im Herzen von Basel ist der Spagat zwischen Tradition und Gegenwart gelungen. Und es hat sich erfolgreich im Premium-Bereich positioniert.

    (Bild: CR) Das originalste «Läggerli» auf Erfolgskurs: Charlotte und Andreas Kuster haben eines der ältesten Unternehmen in der Schweiz, das über Jahrhunderte ohne Unterbruch produziert hat, wachgeküsst.

    Betritt man das kleine, aber feine Geschäft an der St. Johanns-Vorstadt mitten in Basel, so fühlt man sich wie Alice im Wunderland und kommt aus dem kindlichen Staunen nicht mehr heraus – der Autorin erging es jedenfalls so. Man steht mitten in einer Zuckerbäckerei wie es sie noch zu Grossmutters Zeiten gab. Man fühlt sich heimelig und geborgen zwischen den liebevoll arrangierten Dosen, Säcken und Schachteln, vollgefüllt mit Jakob’s Basler Leckerly. Der süsse verführerische Duft nach Honig, nach gebackenem Teig und Schokolade macht gluschtig auf das Basler Nationalgebäck. Dies ist das Reich von Charlotte und Andreas Kuster. Das Basler Unternehmerpaar hat 2017 die älteste Biskuitfabrik der Schweiz wachgeküsst – mit Erfolg. Kuster, der in Basel, Genf und den USA Wirtschaft studiert hatte, hat sich damit einen Lebenstraum erfüllt. «Es war immer mein Wunsch, in einer grossen Firma zu lernen, wie man ein Unternehmen führt», sagt Kuster. Bei Swiss Re hat der 48-Jährige viele Jahre auf diesem Gebiet gearbeitet.

    Damit hat er wie er selbst sagt, «eine Perle in einer ungeöffneten Muschel gefunden». Jakob’s Basler Leckerly ist die einzige noch existierende, historische Manufaktur, die Läckerli herstellt. Ihre Gründung an der Schneidergasse fällt ins Jahr 1753. 30 Jahre später kann Johann Jakob Steiger das Haus erstehen und erhält die Bewilligung, dort ein Kaffeehaus inklusive Läckerliproduktion zu betreiben. Eines seiner Läckerli-Rezepte ist bis heute unverändert. 1895 wurde das Unternehmen an Wilhelm Jakob-Kemmler verkauft – hier kommt der Firmenname «Jakob» ins Spiel. Die Firma blieb bis zum zweiten Weltkrieg eine bedeutende Läckerli-Manufaktur. 1942 als zuerst Heinrich Spillmann das Unternehmen übernahm, wurde zum letzten Mal substanziell in die Produktion investiert. Charlotte und Andreas Kuster haben nun als fünfte Besitzerfamilie die in die Jahre gekommene Manufaktur wieder auf Vordermann gebracht. «Als ich die Firma übernahm, gab es eine Schreibmaschine und das Auftragsbuch. Die Buchhaltung wurde wie zu Grossvaters Zeiten geführt», so Kuster. «Wir mussten die Administration digitalisieren, ein modernes Buchhaltungssystem einführen, Prozesse und Standardabläufe neu definieren und eine Organisationsstruktur und Firmenkultur schaffen, so dass das Unternehmen gedeihen kann.» Der Jungunternehmer hat zudem viel in die Arbeitssicherheit und Hygiene investiert und den Betrieb auf Anregung der jüdischen Gemeinde gleich auf koscher umgestellt. «Somit erfüllen wir noch höhere Hygiene auflagen, zudem sind wir ein weltoffener Betrieb», so der Hausherr.

    Keine Kompromisse zugunsten der Qualität
    Die Produkte hat Kuster unverändert gelassen. Nach wie vor werden Läckerli aus drei Jahrhunderten produziert: Das Ur-Läckerli aus dem 18. Jahrhundert, das klassische Läckerli aus dem 19. Jahrhundert und das Schokolade- und Mandel-Läckerli aus dem 20. Jahrhundert. «Wir verwenden hochwertige Rohstoffe mit einem Honiganteil von 40 Prozent.» Honig, Mandeln, Mehl Zucker, Orangen, Zitronen, Gewürze und Natron stecken in «Läggerli». «Am beliebtesten sind die Schoggi und das klassische Basler Läckerli.» Das traditionelle Handwerk hat in der Backstube wie auch in der Abpackerei einen hohen Stellenwert. Damit unterscheidet sich Jakob’s Basler Leckerly von der Konkurrenz: «Wir setzen nur wenig Maschinen ein wie beispielsweise das Rührwerk oder die Läckerli-Schneidmaschine.» Ein Produktionsdurchgang mit Teig zubereiten, Backen, Glasieren und Schneiden dauert ca. sechs Stunden. «Ein gutes Läckerli muss weich und luftig sein», weiss Kuster, der selbst jeden Tag vor Ort probiert, ob seine Produkte auch der gewünschten Qualität entsprechen.

    (Bild: zVg) Das traditionelle Handwerk hat in der Backstube wie auch in der Abpackerei einen hohen Stellenwert.

    Die Qualität hat im Traditionsunternehmen oberste Priorität: «Da muss alles stimmen von der Produktequalität über die individuelle Verpackung bis zur raschen Lieferung», so Kuster. Kompromisse geht er da keine ein und es kann vorkommen, dass er einen Auftrag ablehnt, wenn er die Qualität nicht garantieren kann. «Hier muss man konsequent sein, denn es geht ja um unseren Namen respektive Ruf und den vergibt man nur einmal.» So hat der Jungunternehmer überproportional viel Ressourcen in den Produktionsprozess, die Qualitätskontrollen und auch die Verpackung gesteckt.

    Noch bekannter werden
    50 Prozent der Kunden kaufen mit dem Auge. Deshalb spielt die Verpackung in der Marketingstrategie eine wichtige Rolle – auch bei Jakob’s Basler Leckerly. Die neuste Kreation ist eine mit viel Liebe zum Detail ausgearbeitete «Lällekönig»-Dose mit herausziehbarer Zunge. Diese und viele andere Produkte sind auch im Online-Shop erhältlich, der sehr gefragt ist und im zweistelligen Bereich wächst. Werbung für ihre Manufaktur machen Charlotte und Andreas Kuster auch auf den sozialen Medien wie Facebook oder Instagram. «Die grösste Herausforderung für uns ist, als führendes Unternehmen an der Spitze mitzumischen und einen gewissen Bekanntheitsgrad zu erreichen», sagt Kuster. Um seine Läckerli zu promoten, geht der innovative Unternehmer gleich selbst zur potenziellen Kundschaft und bietet seine Spezialitäten auch bei Manor oder Globus zur Degustation an. Dazu meint er lachend: «Wir sind hinter Migros und dem Läckerli Huus der drittgrösste Läckerli-Produzent – das verpflichtet.» Die bestehenden Vertriebskanäle hat er beibehalten aber auch noch neue im gehobenen Segment wie die Lebensmittelabteilungen von Globus oder Manor dazu geführt. «Unsere Läckerli sind in Duty Free Shop am Flughafen Basel, in vereinzelten Bäckereien und Feinkostläden in der ganzen Schweiz erhältlich.»

    Schnell und besser sein als die Konkurrenz
    Unter Nachhaltigkeit versteht Kuster nicht nur auf IP-Mehl umzustellen, sondern den Stromverbrauch im letzten Jahr trotz Mehrproduktion im zweistelligen Prozentbereich zu senken. Ein gelebter Umweltschutzgedanke ist auch die Auslieferung in Basel via Velokurier oder eigene Velos. Für die Zukunft will Kuster die Bekanntheit seine Läckerli weiter steigern und das Unternehmen weiterentwickeln. «Unsere Geschichte ist unser Fundament – darauf bauen wir. Aber wir müssen auch immer am Ball bleiben und regelmässig neue Ideen entwickeln und umsetzen», so Kuster. Denn das Geheimnis der über 260-jährigen Erfolgsgeschichte: immer etwas besser und schneller sein als alle anderen.

    Corinne Remund

    www.baslerleckerly.ch


    BASLER LÄCKERLI

    Läckerli-König im 19. Jahrhundert

    Das Basler Läckerli entstand im 17. Jahrhundert. Zuerst wurden die Läckerli von Hausfrauen in privaten Haushalten produziert. Damit verdienten sich die damaligen Hausfrauen einen kleinen Nebenerwerb, indem sie ihre feine Läckerli an Stadtbewohner, Handelsreisende und den spärlichen Touristen verkauften. Doch dies gefiel den Zünften nicht. Diese wollten, dass das Gewerbe reguliert und sie versuchten erfolglos die Verantwortung den Zuckerbäckern zu übertragen. Im Jahre 1716 erklärte der Kleine Rat die Zuckerbäckerei als zunftfreies Gewerbe und erlaubte 1720 jedermann, Lebküchlein als «freie Kunst» zu fabrizieren. In der Folge entstanden die ersten Läckerlimanufakturen in Basel. Jakob’s Basler Leckerly gehört zu den Pionieren und war im 19. Jahrhundert so erfolgreich, dass es zum Läckerli-König aufstieg. Heute ist das Unternehmen die noch einzig existierende historische Läckerli-Manufaktur.

    Übrigens: Der Gebäckname «Basler Leckerli» erscheint erstmals über dem Rezept im Kochbuch der Anna Magdalena Falkeysen von 1741 und wurde von zahlreichen Bürgersfrauen in ihre privaten Rezeptaufzeichnungen übernommen.

    CR


    UNTERNEHMERPREIS NORDWESTSCHWEIZ

    Mit dem Jungunternehmerpreis Nordwestschweiz werden alle zwei Jahre junge, erfolgreiche und innovative Unternehmen aus der Nordwestschweiz ausgezeichnet. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich dabei um Start-ups mit technologischen Innovationen oder tüchtige Handwerker handelt. Wichtig ist es, zukunftsgerichtet zu denken und zu handeln und dabei unternehmerisches Geschick zu beweisen. Diese Kriterien passen gut zum Basler Unternehmerpaar Charlotte und Andreas Kuster, die mit ihrem Unternehmen Jakob’s Basler Leckerly 2018 mit dem 10’000 Franken dotierten Jungunternehmerpreis ausgezeichnet wurden. Dieser Preis, der neben dem Geld diverse Marketingauftritte auf verschiedenen Plattformen enthielt, hat uns sehr viel Aufschwung gebracht. Dank dem Pushen durch die Auszeichnung konnte unsere Firma, die Jahrzehnte lang in Vergessenheit geraten war, bei unseren Konsumenten wieder präsent sein», so Kuster. Und er ergänzt: «Mit diesem Preis hat uns eine neutrale Jury bestätigte, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Eine schöne Wertschätzung für uns, die uns viel Selbstsicherheit gibt.»

    Die Preisverleihung 2020 findet am 16. September im Volkshaus Zürich statt. Eine Anmeldung ist bis am 31. Mai 2020 möglich.

    CR

    www.jungunternehmerpreis.ch

    Vorheriger ArtikelPionier des Premium-SUV-Segments setzt neue Massstäbe
    Nächster ArtikelWer Wind sät, wird Sturm ernten