Ein Geschenk des Himmels


    Mit spitzer Feder …


    (Bild: zVg)

    Während ich so mit einer Tasse Tee über dieses aussergewöhnliche Jahr sinniere und vor mir durch das Fenster die Lichterkette des Nachbarn blinken sehe, und sich der markante Zofinger Kirchturm mit einem Häubchen Schnee wie ein Fels in der Brandung stolz über die Altstadt meiner geliebten Zuckerbäckerstadt erhebt, fühle ich mich wohl und geborgen. Ja, Sie haben mich richtig verstanden – trotzdem, dass die Pandemie unser Land fest im Griff hat, dass die Zahlen der Infizierten steigen, dass sich die Politik nicht einig ist, welche Massnahmen noch richtig oder falsch sind, dass Gewerbe und Gastronomen auf die Barrikade gehen und alle jammern, weil Weihnachten feiern mit vielen Menschen in diesem Jahr tabu ist. «Dieses Jahr wird Weihnachten anders», ist fast in jeder Zeitung und Publikation zu lesen, gefolgt von tausend Ratschlägen wie man trotzdem in Festtagslaune eintauchen kann. Was soll dieses Gestürm, diese Sorge um Weihnachten? Bereits im März war klar, dieses Jahr ist und bleibt ungewöhnlich und übertrumpft sich mit Überraschungen und unvorhergesehenen Entwicklungen. Wir müssen damit leben – ob wir wollen oder nicht – ein normales Leben wie wir es gewohnt sind, können wir abhaken, punkt. Und nun machen wir das Beste daraus. Flexibilität, Anpassung und ein langer Atem sind angesagt. Auch wenn es mühsam ist und Ende Jahr bei den meisten die Luft draussen ist.

    Ich weiss, Weihnachten wird für viele nochmals ein Marathon, der die letzte Energie und Reserve fordert. Denn kaum ein Fest ist mit so vielen Traditionen verbunden. Über Generationen hinweg werden Rituale weitergegeben. Emotionen haben in dieser Zeit Hochsaison. Viele tun sich schwer mit Weihnachten. Einige fühlen sich einsam, andere mögen die «verordnete» Besinnlichkeit nicht oder nerven sich über den Konsumwahn, die Schlangen an der Kasse und die Hektik zwischen den Gestellen. Da kommt doch der Corona-bedingte Abstand gerade richtig. Die stressigen Weihnachtsessen mit der Verwandtschaft fallen aus – aus gutem Grund. Doch nehmen wir doch positiv gestimmt diese persönliche Herausforderung an, denn es ist immer alles eine Frage der Perspektive: Lassen wir Traditionen los, die vielleicht nur aus einer Verpflichtung heraus aufrechterhalten werden und nutzen dies als Chance. Besuche und Termine fallen weitgehend aus und das Stresslevel, das sonst in der Adventszeit Hochkonjunktur hat, sinkt. Nutzen wir diese neu gewonnene Zeit. Schaffen wir Nähe mit handgeschriebener Weihnachtspost. Liebe Zeilen, persönlich verfasst, wärmen Seele und Herz. Tauchen wir ein in das Glitzern der Lichter und spüren auf einmal, was und vor allem wer wichtig ist. Übrigens – Loslassen tut oftmals weniger weh als krampfhaft festhalten.

    Für mich ist das diesjährige Weihnachtsfest ein Geschenk des Himmels. Im wahrsten Sinne des Wortes wird es sicher eine «Stille Nacht, heilige Nacht». Ich werde die heiligen Tage grossmehrheitlich alleine verbringen und freue mich darüber. Auch ohne familiäre Gruppenumarmung wird der Stern über der Krippe stehen und die Botschaft des Friedens geboren. Und ich werde meine Lieben ausführlich wissen lassen, wie viel sie mir bedeuten. Ich geniesse die Stille und den Zauber der Nacht. Ich bin dankbar für mein gesundes Sein und erfreue mich an der göttlichen Botschaft, der Natur und allem Schöne, das mir begegnet. Das wird unvergesslich schöne Weihnachten, weil das Adventslicht ist in uns. Nur wir alleine können es anzünden und brennen lassen. In diesem Sinne liebe Leserinnen und Leser, geniessen Sie diese Weihnachten mit sich selbst in vollen Zügen. Ich wünsche Ihnen von Herzen Ruhe und Gelassenheit, einen Blick für das Schöne in dieser Welt, viel Mut, Kraft und Durchhaltewille sowie einen langen, gesunden Atem für die letzten Meilen dieses Marathons.

    Übrigens – für alle, die trotzdem eine Priese Trost benötigen: So schnell wie Weihnachten kommt, so schnell geht es wieder vorbei. Schon in zwei Monaten werden die Tage wieder länger, und Sie können anfangen, sich auf den Frühling zu freuen. Zudem können künftige Weihnachten wieder «normal» gefeiert werden, denn auch dieser Virus geht vorüber. Und für alle, die jetzt dennoch ein ABER haben. Seid dankbar, dass wir in Frieden, mit einem Dach über dem Kopf und einem vollen Teller feiern können.

    Herzlichst,
    Ihre Corinne Remund
    Verlagsredaktorin

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